Vorrausgestellt sei gesagt: Wir wollen mit unserem Artikel keineswegs pauschalisieren. Auf Kuba leben so viele unterschiedliche und individuelle Menschen, dass die hier beschriebenen Eigenschaften und Lebensarten natürlich keineswegs auf alle zutreffen können. Dennoch, es gibt bestimmte Muster die jedem Individual-Reisenden auf der Insel mehr oder weniger auffallen werden. Dinge, die sich unter dem Motto „typisch kubanisch“ in unsere Erinnerung einbrennen und uns mit einem Lächeln an die besondere Zeit auf Kuba zurückdenken lassen.
Die Kubaner sind ein überaus sportbegeistertes Volk. Mit Stolz werden hier die internationalen, sportlichen Erfolge der eigenen Landsleute gefeiert und in Ehren gehalten. Und diese können sich im internationalen Vergleich durchaus sehen lassen: Über Leichtathletiksportarten bis hin zu Judo und natürlich dem Boxen – die Liste olympischer Medaillen-GewinnerInnen ist für so eine kleine Insel auffällig lang. Besonders leidenschaftlich verfolgen die KubanerInnen die landeseigene Baseball-Liga. Zahlreiche Baseballstadien verteilen sich auf der Insel und locken die Fans in friedlicher Stimmung an. Über Baseball wird hier sich hier vor allem verbal gestritten. Ob abends am Küchentisch, in der Warteschlange an den Essensausgabestellen oder verabredet an verschiedenen Treffpunkten in Parks. Es gibt Orte, an denen lauthals und leidenschaftlich jedes kleinste Detail eines Spiels durchdebattiert wird. Wir finden: Jede menge Meinung zum Thema Baseball zu haben ist allemal typisch kubanisch.
Neben dem Volkssport Baseball gilt auch das Boxen als identitätsstiftend für die Seele des kubanischen Sports. Boxen hat auf Kuba einen ausgezeichneten Ruf, der weit entfernt liegt von dem reinen „Schläger- und Brutalo-Sport“ im Gegenteil – wer gut boxt gilt als Technik-Ass mit Leidenschaft und Durchsetzungsvermögen. Die vielen Boxschulen auf der Insel sorgen dafür, dass auch der Nachwuchs Gefallen an dem Sport findet. Am Malécon mit seinem Boxclub an Ausdauer und Technik feilen für das nächste Boxturnier? Das ist eindeutig typisch kubanisch!
Der Dauerzustand „Mangelwirtschaft“ befeuert vom US-Embargo führt dazu, dass KubanerInnen von Generation zu Generation kreativere und engagiertere Methoden zum Erhalt von Besitztum aller Art entwickeln. Das Auto springt nicht mehr an? Es wird keinen einzigen Fahrer auf der Insel geben, dem diese Situation nicht bereits zahlreiche Male widerfahren ist. Der generell mangelhafte Zustand der Uralt-Autos führt dazu, dass stets mit tiefgehender Gelassenheit und Optimismus an einer Lösung gearbeitet wird. Und da nicht immer alle Ersatzteile oder Lösungen von der Stange zu haben sind, ist die Kunst der Improvisation eine typisch kubanische Tugend geworden. Mehr über die Oldtimer-Reparaturweltmeister in unserem Artikel „Kubas Oldtimer“. Wegwerfgesellschaft? Eine typisch kubanische Lebensart ist der Willen zur Wiederverwertung von augenscheinlich kaputten Dingen oder Müll. Und natürlich zeigt sich auch hier: Die Mangelwirtschaft hat eine große Auswirkung auf die Lebensrealitäten der Menschen vor Ort. Für die KubanerInnen hat der eigene Besitz einen hohen Wert und mit jeder Minute, die in die Instandhaltung dessen investiert wird, steigert sich sein emotionaler Wert. Dieses stoische Festhalten und Instandhalten an Dingen kann an der ein oder anderen Stelle zu den skurrilsten, typisch kubanischen Momenten führen. Unser Highlight hier: Ein mit Ziegelsteinen gestützter, dreibeiniger Plastikstuhl.
Ja, das Bildungsniveau auf der Insel ist im Lateinamerikanischen Vergleich sehr hoch. Studieren ist hier für ausnahmslos alle kostenlos und die Analphabetenrate demensprechend verschwindend gering. Auch die medizinische Versorgung ist hoch. Hierzu haben wir übrigens einen eigenen spannenden Artikel geschrieben. Kleiner Fakt am Rande – der kubanische Staat stellt mehr medizinisches Personal für weltweite medizinische Krisen zur Verfügung als die gesamte Weltgesundheitsorganisation (WHO). Nicht nur typisch kubanisch sondern auch typisch deutsch ist der Konsum von kubanischem Rum. So gilt Deutschland tatsächlich als Hauptabsatzmarkt für den populären Havanna Club Rum. Tatsächlich wird auch auf der Insel selbst kaum ein Anlass ausgelassen, mit Rum in Reinform oder als Zusatz in Longdrinks und Cocktails anzustoßen. Mehr dazu in unserem Artikel „Der Rum aus Kuba“. Welches Bild steht sinnbildlich mehr für die typisch kubanische Lebensart, als ein betuchterer Mann/ eine betuchte Frau mit großer, glühender Zigarre im Mund? Zigarren und Tabak prägen die typisch kubanischen Alltag schon deshalb so stark, weil viele KubanerInnen in die Produktion des Exportschlagers eingebunden sind. Warum in den Zigarrenfabriken aus der Zeitung oder Romanen vorgelesen wird, das erfahrt in unserem Artikel über die „Kubas Tabak und Zigarren“. Und zu guter Letzt zum musikalischen Klischee der InselbewohnerInnen. Den lebhaften Rhythmus der Insel kann niemand abstreiten. Die KubanerInnen sind motivierte und begeisterte TänzerInnen und lieben es, sich dem Klang der typisch kubanischen Musik hinzugeben. Das Nachtleben vieler KubanerInnen, auch ins höhere Alter hinein, wird dementsprechend aktiv gestaltet. Aber auch zu den Klängen der StraßenmusikerInnen wird liebend gern das Tanzbein geschwungen – typisch kubanisch eben. Mehr dazu in unserem Artikel „Musik – Sound of Cuba“.
Fernab der Hotelanlagen, bei den KubanerInnen Zuhause, erfährt man eine der liebenswürdigsten, typisch kubanischen Eigenschaften – die kubanische Gastfreundschaft. Auch wenn das Sprichwort inflationär benutzt wird, es gilt auf Kuba stets: Der Gast ist König oder Königin. Hier gibt es wenige Hausregeln, denen man sich als Gast unterordnen muss – stattdessen macht hier der Gast die Regeln. So erfahren die Hausgäste stets liebevolle Hilfsbereitschaft und stoßen in vielen kubanischen Haushalten auf echtes Interesse an der eigenen Person. Viele KubanerInnen können ihr Leben lang nicht ins Ausland verreisen. Sich stattdessen die Welt ins eigene Haus zu holen, ist keineswegs immer nur wirtschaftlich motiviert. Die hochgebildeten KubanerInnen versuchen oft möglichst viel Wissen und Erfahrung von den wertvollen interkulturellen Austausch mitzunehmen. Mit noch mehr Leidenschaft geben diese im Austausch auch eigene Erlebnisse und Gedanken preis. Ein echtes Fettnäpfchen im Austausch mit den KubanerInnenist allerdings jegliche Nachfrage rund um die politische Lage des Inselstaates. Du willst das echte Kuba erleben? Die „Casas Particulares“ genannten Privatunterkünfte sind die perfekte Möglichkeit, diese typisch kubanische Gastfreundschaft selbst zu erleben.
Völlig selbstverständlich ist es auf Kuba, mit seinen Nachbarn exzellent vernetzt zu sein. Auch als Ergebnis der Mangelwirtschaft sind die Menschen auf Kuba auf einen guten Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft angewiesen. Dieser typisch kubanische Zusammenhalt ist nicht nur im kleinstädtischen und ländlichen Bereich zu beobachten. Selbst im belebten Plattenbauviertel in Havanna ist diese familienübergreifende Gemeinschaft zu spüren. Not rückt die Menschen bekanntlich enger zusammen und steigert die Hilfsbereitschaft untereinander. Typisch kubanisch also, dass hier lange vor Corona aktives Engagement in der Nachbarschaftshilfe selbstverständlich war. Hier zeigt der gelebte Sozialismus, neben all seinen Schattenseiten, sein menschliches Gesicht. Aber auch Ehrgeiz und Unternehmertum sind Antrieb für das starke soziale Netzwerk auf Kuba. Auch davon können Individualtouristen und Gäste in Casas Particulares vor Ort profitieren. So kennt man stets jemanden, der die gewünschte Dienstleistung oder Information anbieten kann. Und wenn es eben der Großcousin der Nachbarin vom anderen Ende der Insel ist – kein Problem! Ein Prost auf die gute Nachbarschaft und den typisch kubanischen Zusammenhalt.
Ob Baseball-Diskussionen oder Rudel-Surfen im Internet, stolze Vogelschau oder eine hitzige Partie Domino, Typisch kubanisch ist, dass in den zahlreichen Parks der kubanischen Städte das Leben stattfindet. Ein kurioses Hobby vieler KubanerInnen ist das Halten kleiner, bunter Ziervögel in ebefalls kleinen, nostalgisch anmutenden Käfigen. Die Vögelchen sind der ganze Stolz der VogelfreundInnen und werden wöchentlich bis täglich zur regelrechten Vogelschau in dafür auserkorene Parks ausgeführt. Für viele KubanerInnen sind die Vögel ganz alltägliche Begleitung zur Verabredung mit FreundInnen im Park. Und so wird sich das Federvieh wohl an die Ausflüge längst gewohnt haben. Für die Tiere bedeutet das übrigens auch, ein bisschen Sonne und Frischluft schnuppern zu können. So hat längst nicht jede*r Kubanerin ein sonniges Plätzchen für die Vögelchen in seinem Eigenheim. Der Vogel als Begleittier ist kurios und typisch kubanisch.
Zwar nicht nur für Kuba, sondern für ganz Lateinamerika gilt Domino als beliebtes Gesellschaftsspiel. Wer sich jetzt fragt, was am einfachen Dominospiel so besonders spannend sein soll, der muss wissen, dass die KubanerInnen Ihre eigenen, komplexeren Regeln haben. Diese gehen weit über die klassischen Regeln hinaus und variieren sogar von Region zu Region stark. Mit verbissenem Ehrgeiz und ausgeklügelten Taktiken wird hier der Spielespaß sehr ernst genommen. Für Außenstehende kann es durchaus unterhaltsam sein, eine solch hitzige Partie zu beobachten und dem Taktieren und Lamentieren der GegnerInnen beizuwohnen. Kaum ein Dominospiel in den kubanischen Parks bleibt ruhig und friedlich, stattdessen gilt hier auch ein (lautes) Verunsichern des Gegners zum Spiel dazu. Doch keine Sorge, am Dominotisch wird Nichts allzu persönlich genommen. Die KubanerInnen ordnen diese typisch kubanischen Wortgefechte der „Hitze des Spiels“ zu. Im Übrigen sind Facebook und Co. auch hier verbreitet und ein Glück nicht von der Pressezensur betroffen. Da das Internet auf Kuba noch lange nicht in den Privathaushalten angekommen ist, sammeln sich im Park die Digital-Junkies in großen Mengen. Viele der knapp 400 WiFi-Hotspots auf der Insel befinden sich in und um Parks. Auch Reisende können die Hotspots kaum verfehlen. In großen Ansammlungen sieht man hier die KubanerInnen höchst konzentriert und fixiert auf das Smartphone, um die teure Stunde im Internet bestmöglich auszuschöpfen.
In unserem Artikel „Essen und Trinken auf Kuba“ führen wir euch ein in die kulinarische Welt Kubas. Wir berichten von den typischen kubanischen Gerichten, geben Fastfood-Tipps und Mixen die Drinks der Insel zu einem feucht fröhlichen Ratgeber zusammen. Wir sagen nur: Vorsicht DiabetikerInnen beim Verköstigen des Kaffee Criollo, dieser wird zuckersüß und stark serviert. Auch außergewöhnlich und typisch kubanisch ist der Lindenblütentee zum Frühstück. Was in Deutschland als teures Nischenprodukt eher in die Kategorie „Heilmittel“ fällt, wird hier tagtäglich von den KubanerInnen konsumiert. Absolut gar nicht gesund ist jedoch die typische Pizza aus dem Ölfass. Die meust auf einem Pappkarton servierte runde Köstlichkeit ist vermutlich die günstigste Art und Weise auf der Insel papp-satt zu werden.